Didaktik der Biologie
print

Links und Funktionen
Sprachumschaltung

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Fachspezifische Unterrichtsqualität in Biologie: Vergleichende Re-Analyse von Unterrichtsvideos

beteiligte Personen:

LMU: Prof. Dr. Birgit J. Neuhaus, Dr. Christian Förtsch, Tobias Dorfner

Die Durchführung empirischer Unterrichtsqualitätsforschung an deutschen Schulen hat seit den Ergebnissen der TIMS-Studie 1995 (Third International Mathematics and Sciene Study) (Baumert, Bos & Lehmann, 2000) und der PISA-Studie 2000 (Programme for International Student Assessment) (Baumert, 2001) stetig an Bedeutung zugenommen. Verschiedene fachunabhängige Qualitätsmerkmale des Unterrichts beschreibt beispielsweise Helmke (2007). Ditton (2002) und Helmke (2002) nehmen aber auch an, dass allgemeine Unterrichtsqualitätsmerkmale nicht ohne weiteres auf verschiedene Fächer übertragbar sind. Somit sollte ein zentraler Punkt auf der Untersuchung fachspezifischer Unterrichtsqualitätsmerkmale liegen (Neuhaus, 2007).

Seit einigen Jahren sind quantitative Videostudien ein probates Mittel in der Unterrichtsforschung, um allgemeine und fachspezifische Unterrichtsqualitätsmerkmale im Biologieunterricht zu untersuchen (vgl. Förtsch et al., 2015a; 2015b; 2015c; Jatzwauk, 2007; Wadouh, 2007; Werner et al, 2013 Wüsten, 2010;). Erste positive Ergebnisse von fachspezifischen Qualitätsmerkmalen des Biologieunterrichts in Bezug auf die Schülerleistung zeigte Wüsten (2010) mittels einer Interventionsstudie auf.

In drei Videostudien zum nationalen Biologieunterricht (nwu-Essen, LerNT und ProwiN) wurden verschiedene Variablen in Bezug auf Lehrer*innen, Unterricht und Schüler*innen erhoben (vgl. u.a. von Kotzebue et al., 2015). Im Projekt nwu-Essen wurden deskriptiv bestimmte fachspezifische Qualitätsmerkmale des Biologieunterrichts der 9. Jahrgangsstufe in Nordrhein-Westfalen beschrieben und deren Auswirkungen auf Interesse und Leistung der Schüler*innen untersucht. Jatzwauk (2007) beschrieb nordrhein-westfälischen Biologieunterricht als Unterricht, der seinen Fokus auf die Bearbeitung von Aufgaben legt, die allerdings mit knappen Schülermeldungen auf einem überwiegend geringem kognitiven Niveau zu beantworten sind. Wadouh (2007) offenbarte ein geringes Vernetzungsniveau von biologischen Lehrinhalten im nordrhein-westfälischen Unterricht. Allerdings wurden positive Auswirkungen eines hohen Vernetzungsniveaus und der Schülerleistung und der Motivation erkannt (Wadouh et al., 2014). Das Projekt LerNT legte vor allem Wert auf eine Untersuchung inhaltsspezifischer Kompetenzen, u.a. wurden die Komplexität von Aufgaben, kognitive Aktivierung und Konzeptorientierung im Natur-und-Technik Unterricht der 6. Jahrgangsstufe untersucht (Förtsch et al., 2015a; 2015b; 2015c). Der biologische Teil des Projekts ProwiN zielt auf die beiden fachspezifischen Dimensionen des Professionswissens und deren Einfluss auf fachspezifische Unterrichtsqualitätsmerkmale (Einsatz von Modellen und Experimenten, Verwendung von Fachbegriffen, kognitive Aktivierung) im Biologieunterricht ab (Tepner et al., 2010; Werner et al., 2013). Eine vergleichende Auswertung der auf unterschiedlichen Wegen erhobenen Ergebnisse dieser drei Videostudien ist noch nicht erfolgt (von Kotzebue et al., 2015).

Öffentlich diskutiert wird vermehrt eine Transparenz von empirischer Forschung und daraus resultierender Ergebnisse (Eisend, 2014; Medjedovic, 2014). Im Rahmen dieses Dissertationsprojektes soll zu Beginn unter Zuhilfenahme der Methodik einer Meta-Analyse, einer quantitativen Zusammenfassung des aktuellen Status quo der Wissenschaft zu einem bestimmten Thema (Borenstein et al., 2009), der aktuelle Forschungsstand zu eruierten Qualitätsmerkmalen mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts basierend auf Videostudien erhoben werden. Empirische Einzelergebnisse thematisch gleicher Studien werden dazu statistisch aufsummiert und mögliche Effekte und deren Größe innerhalb einer Population werden überprüft (Bortz, 2006; Drinkmann, 1990; Eisend, 2014).

Ziel ist es, gefundene Korrelationen zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen statistisch zu aggregieren, von hinderlichen Größen zu entbinden und somit allgemeingültigere Aussagen zu erhalten (Hunter & Schmidt, 1990). In einem zweiten Schritt soll unter differenzierten Aspekten entdeckter fachspezifischer Unterrichtsqualitätsmerkmale eine vergleichende Re-Analyse von Unterrichtsvideos aus den Studien nwu-Essen, LerNT und ProwiN erfolgen. Die Methode einer Re-Analyse stellt eine Gelegenheit dar, gefundene Ergebnisse unter gleichen Fragestellungen detailliert, gewissenhaft und kritisch zu analysieren, wodurch die Option neue Resultate zu erhalten gegeben ist (Westermann, 2013; Baur & Blasius, 2014).
Wünschenswert ist durch diesen methodischen Ansatz gefundene Ergebnisse einerseits erneut zu validieren, neue interessante Unterrichtsqualitätsmerkmale zu erkennen und diese Befunde in der Lehrerbildung einzubinden.